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Zwei Palmen, drei Pferde und vier Sundowner

  • Autorenbild: Mirko Mona
    Mirko Mona
  • 8. Sept.
  • 8 Min. Lesezeit

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Nördliche Lau Gruppe - 27. Juni bis 6. Juli 2025

Ein bisschen mehr als eine Woche hatten wir in Savusavu hinter uns. Wir hatten alle Freunde besucht, unsere Vorräte aufgefüllt und waren nun endlich mehr als bereit für das echte Fidschi – so, wie man es sich in seinen Träumen ausmalt: kleine Inseln mit ein paar winzigen Siedlungen darauf, weiße Sandstrände gesäumt von Kokospalmen und türkisfarbenes, glasklares Wasser. Solche Orte gibt es in Fidschi zwar zuhauf, die meisten sind jedoch von Hotelanlagen gespickt, voller Touristen, und die Buchten wimmeln von Yachten, deren Besitzer oder Charterer hier ihren Kurzurlaub verbringen.


Das versteckte, fast unberührte Paradies – weit, weit entfernt von den Touristenmassen – liegt tatsächlich im Osten von Fidschi und trägt den Namen: Lau.

Die östlichste Inselgruppe Fidschis besteht aus etwa 60 Inseln, von denen nur rund 30 bewohnt sind. Sie erstrecken sich über eine riesige Fläche im Südpazifik und sind berühmt für ihre Abgeschiedenheit, die herzliche Gastfreundschaft der Dörfer und eine Natur, die noch nahezu unberührt wirkt. Die Inseln selbst sind sehr unterschiedlich: manche sind flach und von Lagunen umgeben, andere ragen vulkanisch und schroff aus dem Meer.


Duff Reef

Einen Tages- bzw. Nachtschlag von Savusavu entfernt lag schon eine ganz besondere Insel, bei der wir unsere erste Nacht in der Lau-Gruppe verbringen wollten: Cakaugalu, besser bekannt als Duff Reef. Das Riff selbst ist mit 6,5 Meilen Durchmesser ziemlich groß, umschließt aber nur eine winzige, nicht einmal 0,2 nautische Meilen (etwa 370 Meter) lange, einsame, vollständig aus Sand bestehende Insel. Auf ihr gibt es nichts außer zwei Palmen und ein paar Steinen, unter denen sich Millionen von Einsiedlerkrebsen vor der Mittagshitze verstecken. Letztes Jahr hatte ich hier sogar noch eine dritte Palme pflanzen wollen, doch die Kokosnuss, die ich damals eingegraben hatte, war nirgends mehr zu entdecken. Schade. Die einzigen größeren Besucher scheinen – neben Seglern wie uns – Schildkröten zu sein, die die Insel zu einer bestimmten Zeit im Jahr als Brutplatz nutzen. Bei einem Spaziergang durch den Sand fanden wir die Löcher, die die Tiere graben, um ihre Eier abzulegen, und sogar zwei riesige, leere Schildkrötenpanzer.

Da wir, seit wir das Minerva-Riff verlassen hatten, nicht mehr im Ozean schwimmen gewesen waren – die schlammige Flussmündung von Savusavu hatte wenig einladend gewirkt – sprangen wir direkt, nachdem der Anker gefallen war, ins kühle, immer noch 28 Grad warme Wasser, um den Staub der Nachtfahrt wegzuspülen. Das glasklare Wasser brachte uns sofort zum Staunen: die Sicht war atemberaubend, sodass wir nicht anders konnten, als unsere Schnorchel und Masken zu schnappen und eine kleine Runde am Riff zu drehen.

Tatsächlich war der erste Bewohner, der uns begrüßte, etwas ganz Besonderes: eine riesige, lilafarbene Qualle. Ihre langen, elegant wehenden Tentakel faszinierten und erschreckten mich zugleich. Vage erinnerte ich mich an eine seltene Sichtung in Indonesien, bei der eine ähnliche Qualle sogar ein Menschenleben gefordert hatte. Spätere Recherchen ergaben, dass es sich wahrscheinlich um eine „Crown Jellyfish“ (Netrostoma setouchianum) handelte – eine seltene Art, die durch ihre intensiven Farben auffällt, aber für Menschen nur mäßig gefährlich ist.

Neben den „klassischen“ großen und kleinen Rifffischen entdeckten wir sogar einen kleinen Rochen, der sich vollkommen gelassen durch den Sand wühlte. Jemals einen Stachelrochen beim Fressen gesehen? Nein? Es ist wirklich süß! 😀

So schön der Tag auch gewesen war, so unangenehm war die Nacht. Da das Riff leider nicht in der Lage gewesen war, die Yum Yum vor dem Schwell zu schützen, klatschten die Wellen seitlich ans Boot, sodass wir ordentlich durchgeschüttelt wurden und kaum Schlaf fanden. Eigentlich hatten wir unseren Besuch am Duff Reef genau deshalb auf diese Tage gelegt, weil die Wetterprognose uns ein paar ruhige, windstille Nächte versprochen hatte. Doch offenbar hatte sich der Wettergott in letzter Minute umentschieden. Widerwillig machten wir uns also nach 24 Stunden im nicht ganz so paradiesischen Paradies auf den Weg in eine etwas wind- und wellengeschütztere Bucht.

Unsere Ausflug im Duff Reef.

Tausende Hermitcrabs gab es auf der Insel.

Bavatu Harbor

Während der 25 Meilen, die wir größtenteils segelnd zu unserem nächsten Ziel zurücklegten, fragte ich mich immer wieder, wie die Seeleute früher wohl geschafft haben, ihr Boot nicht schon in den ersten paar Meilen an einem Riff aufzuschlitzen. Fidschi besteht aus so vielen unsichtbaren Riffen, die man einerseits nur über die Seekarten-App (Navionics) und andererseits über Satellitenbilder sehen und ihnen dementsprechend ausweichen kann. Unwillkürlich kam mir in den Sinn, dass dieser Inselstaat manchmal wie ein natürliches Unterwasserminenfeld wirkte.

Während der Überfahrt trafen wir weder auf ein Riff noch auf einen Fisch. Der Beginn unserer einwöchigen Fischer-Pechsträhne startete genau an diesem Tag: Ein Mahi Mahi, den wir zwar am Haken hatten und nach einem echten Kraftakt bis auf die Heckplattform der Yum Yum gezogen hatten, entwischte uns dennoch. Zwar ärgerten wir uns über den Verlust des schmackhaften Fisches, aber gleichzeitig bedauerten wir das Tier selbst, dessen Überlebenschancen durch die Verletzung durch unser Gaff (ein großer Haken an einer Stange) auf Null gesunken waren. An diesem Tag hatten wohl nur die Haie Glück.

Bavatu Harbor ist eine schmale, malerische Bucht im Norden der Insel Vanua Balavu. Sie befindet sich auf sogenanntem „Freehold Land“, was in Fidschi bedeutet, dass das Land entweder einem Privatbesitzer oder einem Ausländer, einem so genannten Palagi, gehört und es daher kein Dorf gibt, in dem man dem Chief Kava als Gastgeschenk bringen muss. Dieses “Sevusevu” ließ also noch auf sich warten. Anscheinend gehört ein großer Teil der Insel einem Australier, der auch zwei Marinas in anderen Teilen Fidschis besitzt.

Anders als am Duff Reef gab es hier tatsächlich Land mit dichten Mangroven, ein paar Strände mit kokosnusslosen Palmen und hohen Felsen, die uns vor Wind und Wetter schützten und ein paar ruhige Nächte versprachen. Keinen Wind am Ankerplatz zu haben hat zwar seine Vorteile, bringt aber auch viele klitzekleine Nachteile mit sich – nämlich Mücken. Glücklicherweise war Mirko in Neuseeland so einfallsreich gewesen, ein Netz zu besorgen, mit dem wir unsere Koje in ein mückenloses Himmelbett verwandeln konnten.

Neben einigen gescheiterten Versuchen, entweder mit der Angel oder dem Dinghy und einer Schleppleine einen Fisch zu fangen, gingen wir natürlich schnorcheln und wanderten zur großen Plantage hinauf, bis wir einen grandiosen Aussichtspunkt erreichten. Von dort konnten wir die andere Seite der Insel bestaunen, deren Bucht berühmt ist für ihre pilzförmigen Inseln (also eigentlich “Steinpilze - hihi) – die Bay of Islands.


Umgeben von Kühen, Schweinchen, Ziegen, Pferden und ein paar Hühnern wagten Mirko und ich es, ein paar Kokosnüsse und eine Soursop mitzunehmen. Für die Soursop (Guabana) kletterte Mirko sogar auf einen Baum, während ihn drei grasende Pferde misstrauisch beobachteten und wir uns einbildeten, sie fast schon vorwurfsvoll schnauben zu hören.

Außerdem wagte ich mich zum ersten Mal an meine Joghurt-Käsemaschine, um eigenen Käse herzustellen. Ernüchtert musste ich feststellen, dass es mit H-Milch schlicht unmöglich ist, „richtigen“ Käse zu produzieren. Durch die Hocherhitzung fehlt der Milch einfach das nötige Leben – sprich die guten Bakterien und Enzyme, die man für die Käseherstellung braucht. Wir hätten wohl tatsächlich eine der Kühe auf der Plantage melken müssen, denn Frischmilch ist hier auf den Inseln absolut nirgends zu bekommen – nicht einmal in den Städten! Immerhin gab es eine tröstliche Alternative: Ricotta und Weichkäse funktionierten trotzdem ganz gut. Hartkäse wäre mit der Maschine ohnehin nicht drin gewesen.




Gut geschützt durch die Mangroven.

Daniela pumt das SUP auf.

Little Bay – Tui’s Place

Etwas weiter östlich von Bavatu Harbor auf Vanua Balavu befindet sich eine weitere kleine Bay mit dem überaus passenden Namen Little Bay. Auch auf den drei Meilen, die wir beim Locationwechsel zurücklegten, hielt unsere Pechsträhne, was den Fischfang anging, weiterhin an. Mirko und ich waren (vorerst) wieder einmal die einzigen Cruiser, die es bis in diese Bucht geschafft hatten, und wir freuten uns, die ganze Bucht für uns allein zu haben. Little Bay ist ein langgezogenes Inlet, gebettet in Mangroven und hohe Felsen. Beschränkt durch die Wassertiefe, konnten wir mit dem Boot nicht weit in die Bucht hineinfahren, was bedeutete, dass wir im vorderen Teil ankern mussten. Die malerische Aussicht und der kleine Strand, an dem wir eines Abends sogar ein Lagerfeuer anzündeten, machten das alles aber mehr als wett. Bevor wir uns dem ganzen Exploring widmen durften, war – tatsächlich zum ersten Mal seit wir in Fidschi waren – Sevusevu angesagt.

Sevusevu ist eine Zeremonie, bei der der Chief bzw. das Oberhaupt des fidschianischen Dorfes, zu dem die Bucht gehört, dich feierlich als Teil der Dorfgemeinschaft anerkennt und es dir erlaubt, alle Tätigkeiten eines Dorfbewohners auszuführen. Dazu zählen beispielsweise Fischen, Ankern, die Gegend erkunden, Fotos machen usw. Die Besucher (in diesem Fall wir) müssen dem Chief hierbei ein Geschenk mitbringen – dabei handelt es sich immer um Kava. Die Kava-Wurzel wird auch Rauschpfeffer genannt und gehört zur Gattung der Pfeffer. Im Pazifikraum wird daraus Tee hergestellt, der meist zu zeremoniellen Anlässen getrunken wird. Da die Pflanze eine beruhigende und leicht betäubende Wirkung hat, ist sie nicht in allen Staaten der Welt legal. In Österreich ist sie aufgrund gesundheitlicher Risiken (Leberschäden) illegal, in der Schweiz wiederum legal.

Sevusevu wird überall etwas anders ausgeführt, und, wenn man Glück hat, sogar mit einer Runde Kava. Was aber überall gleich ist: Um Respekt gegenüber dem Chief und seinen Traditionen zu zeigen, müssen sowohl Frauen als auch Männer für die kurze Zeremonie einen Sulu tragen, um ihre Knie zu bedecken. In Fidschi ist ein Sulu in der Regel ein traditionelles Wickelkleidungsstück, ähnlich wie ein Rock oder Sarong.

Also machten Mirko und ich uns, mit Sulus und Kava bepackt, mit dem Dinghy auf den Weg in die Tiefen des Inlets, um Tui und seine Familie zu besuchen und ihm das Gastgeschenk zu bringen. Fünfzehn Minuten schlängelten wir uns an Untiefen und Korallenköpfen vorbei durch das imposante Inlet, das rechts und links zunächst von Felswänden und später von Mangroven eingezäunt schien. Hätte man nicht die Korallen auf dem Grund gesehen, hätte man es fast mit einem kleinen Fjord verwechseln können.

Erst am hintersten Ende, als wir glaubten, schon irgendwo tief im Mangrovendschungel verirrt zu sein, tauchten ein paar einzelne Hütten vor uns auf. Kurz bevor wir das Ufer erreichten, versperrte uns ein Fischnetz plötzlich den Weg, das zwischen den Mangroven befestigt und für die YY („WaiWai“, unser Dinghy) unüberwindbar war. Nachdem wir vergeblich einen anderen Weg an Land gesucht und dabei sogar einen Stein mit dem Motor touchiert hatten, der sich im, durch die Mangroven getrübten Wasser versteckt hatte, gaben wir auf und machten uns auf den Rückweg zur Yum Yum. Da es aufgrund der Tide nur einmal pro Tag möglich war, bis ganz ans Ende der Lagune zu fahren, probierten wir es am nächsten Tag zum zweiten und letzten Mal – erfolglos. Später erzählten uns andere Segler, dass sie gehört hatten, dass Tui’s Frau gerade ein Kind zu Welt gebracht hätte und die Familie wohl deshalb gerade nicht in ihrem abgelegenen Zuhause, sondern auf der Hauptinsel im Krankenhaus war.

Die Abwesenheit des Chiefs nahmen wir als OK dafür, uns dennoch frei in der Gegend bewegen zu dürfen. Wir tranken Sundowner an einer kleinen Sandbank, die sich nur bei Niedrigwasser zeigte, probierten weiterhin euphorisch Fische zu fangen und erwählten einen kleinen Strand zu unserem Lagerfeuerplatz, als Mirko es tatsächlich nach vielen, vielen Versuchen gelang, einen Trevally mit der Angel aus dem Wasser zu fischen.

Aber nicht nur der leckere Fisch machte uns Freude. Ich freute mich zudem wieder darauf, einen passenden Grillstock zu suchen, um darauf das selbstgemachte Stockbrot (österreichisch für Schlangenbrot ;) zu einem Kunstwerk aufzuwickeln und ungeduldig darauf zu warten, bis es endlich nicht mehr teigig (= bauchschmerzenfördernd), aber auch nicht zu verbrannt (= krebserregend) war. Zum Nachtisch gab es sogar richtige S’Mores – für die ich extra Leibnizkekse aus Österreich importiert hatte. Wer S’Mores nicht kennt: Es handelt sich dabei um ein perfekt gegrilltes Marshmallow, umhüllt von geschmolzener Schokolade in einem Butterkeks-Sandwich – mmmmh!

Das Wetter während unserer Zeit in Little Bay war durchwachsen. Sonne und Regen wechselten sich ab, und wie es natürlich so ist, regnete es zwar immer kurz, aber genau zu den ungünstigsten Zeiten. Zum Beispiel regnete es genau während beider Ankermanöver, genau dann, als wir Feuer entzünden wollten und natürlich auch gerade in dem Moment, als wir unsere Teller mit leckerem, gegrilltem Essen angehäuft hatten und die erste Gabel in den Mund schieben wollten. Wie sagt man so schön? Wir sind ja schließlich nicht aus Zucker.

An dem Morgen, als wir beschlossen hatten, in den südlichen Teil der Lau Gruppe weiterzusegeln, wurden wir von einem Motorengeräusch geweckt. Verschlafen schielte ich durch die Luke aus dem Bett und sah ein kleines Longboat mit zwei neugierigen Fidschianern um unser Boot herumtuckern. Die Einheimischen bzw. der Chief war wohl endlich zurück. Für uns war es um halb 7, und ohne Kaffee noch etwas zu früh für Konversation – und da es sich um unseren letzten Tag in der Bucht handelte, auch zu spät für das eigentlich noch ausstehende Sevusevu. Also beschlossen wir frech, uns schlafend zu stellen. Nächstes Mal gibt’s dann wieder Kava für Tui, versprochen!

Ein weitere kleines Paradies.



 
 
 

4 Kommentare


Köbi
12. Sept.

Eine wirklich schöne Gegend. Der australische (oder neuseeländische?) Besitzer der Farm, die ihr besucht habt, ist übrigens der Besitzer der Copra Shed Marina in Sawusawu und der Vuda Marina. Er ist sehr Cruiser Freundlich und hat sogar am Fusse seiner Farm einen kleinen "Yachthafen", wobei wir dort nie jemanden angetroffen haben.

Wünsche euch weiterhin tolle Erlebnisse - und etwas mehr Glück beim Fischen!

Köbi / SY Lupina

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Gast
11. Sept.

Toll wie immer und sehr beeindruckend.

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Chrigi
08. Sept.

Oh endlich 🥰 habe schon so lange gewartet wieder mal von Euch zu lesen!

Spannend wie immer!

Glg von Euren 2 Heimaten 😂😂😂


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Edith
09. Sept.
Antwort an

Sooo cool, ihr Zwei 😁😍

Danke für die immer wieder lesenswerte Reportagen- merci vielmals

Saludos Edith

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Vielen Dank :)

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